E-Government kommt in Deutschland nicht voran

25. Okt 2015 • News • KANTAR Info Research Austria • Marktforschung • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft • Online & IKT & Elektronik

Auf die Frage „Haben Sie in den vergangenen 12 Monaten E-Government-Angebote genutzt?“ ant‑ worten in Deutschland 39 Prozent der Befragten mit „Ja“. Das sind sechs Prozentpunkte weniger als im Vorjahr und im Schnitt 30 Prozentpunkte weniger als in den Vergleichsländern. Auf die Frage „Welche der im Folgenden aufgeführten Bürgerdienste haben Sie schon einmal genutzt?“ nennen 71 Prozent der deut‑ schen Befragten mindestens ein Beispiel, unter den befragten Österreichern sind es sogar 87 Prozent. Das heißt: für die deutschen Befragten ergibt sich ein Unterschied von 32 Prozentpunkten zwischen den‑ jenigen, die sagen, dass sie im vergangenen Jahr E-Government-Angebote genutzt haben und denje‑ nigen, die nach eigenen Angaben bereits einen der Dienste aus der vorgegebenen Liste genutzt haben. Für die österreichische Stichprobe beträgt dieser Un‑ terschied lediglich 14 Prozentpunkte.


Nicht nur der Unterschied zwischen Deutschland und den Vergleichsländern bei der Frage nach der gene‑ rellen E-Government-Nutzung ist erstaunlich, auch die immense Diskrepanz zwischen der angegebe‑ nen Nutzung allgemein und der Nutzung spezifischer Angebote. Auf der Suche nach Ursachen stößt man unweigerlich auf die Frage nach der Bekanntheit der Begrifflichkeiten, die im Kontext mit E-Government verwendet werden. Die hohen Werte, die der man‑ gelnden Bekanntheit von E-Government-Angeboten als Hindernis für eine stärkere Nutzung gegeben wer‑ den, deuten in diese Richtung. Die Tendenz, Angebote und Konzepte im Bereich E-Government mit negativ belegten oder sperrigen Namen zu taufen („ELSTER“, „ProzessDatenBeschleuniger“) oder immer wieder neu zu benennen, um ihnen neuen Schwung zu ver‑ leihen (elektronischer Personalausweis, neuer Perso‑ nalausweis,…) verstärkt den Wiedererkennungs- und Erinnerungswert solcher Dienste genauso wenig wie die parallele Verwendung unterschiedlicher Begrif‑ fe für gleiche oder ähnliche Konzepte (Bürgerportal, Bürgerkonto, Servicekonto,…).

Wenn gleichzeitig auch noch durch unzureichende Kommunikations‑ politik der Eindruck entsteht, die Anbieter solcher E-Government-Lösungen stehen selbst nicht oder nur für kurze Zeit hinter ihrem Produkt, sind die aufgebau‑ ten Namen und Marken schnell verbrannt und werden – anders als beispielsweise in Österreich – nicht im Familien- oder Freundeskreis als positive Nutzungs‑ erfahrungen weitergegeben.

Die Befragten in den Vergleichsländern mit E-Govern‑ ment-Nutzung von 69 Prozent und mehr sind beson‑ ders zufrieden mit dem Komfort, Behördengänge von zuhause aus erledigen zu können. Der Anteil der mindestens Zufriedenen erreicht in dieser Kategorie 79 Prozent in der Schweiz. In Deutschland sind nur 58 Prozent mindestens zufrieden in diesem Punkt. Gleichzeitig wird die mangelnde Durchgängigkeit von Online-Angeboten in Deutschland von einem besonders hohen Anteil der Befragten als Hemmnis erachtet. Nach wie vor ist der Vorteil der E-GovernmentAngebote gegenüber der herkömmlichen Abwick‑ lung zu wenig ausgeprägt, wenn der am häufigsten genutzte Transaktionsdienst, die elektronische Steu‑ ererklärung, in den meisten Fällen weiterhin das Ver‑ senden von Papierbelegen erfordert. Drei Viertel der Nutzer in Österreich suchen E-Govern‑ ment-Angebote in erster Linie über Suchmaschinen. In Deutschland sind dies knapp 60 Prozent, immer‑ hin 37 Prozent suchen auf den Internetseiten der Ver‑ waltung. Diese werden allerdings von 54 Prozent der Befragten als unübersichtlich und schlecht struktu‑ riert (Auffindbarkeit der benötigten Informationen“) bewertet. Zusammen mit den dargestellten Schwie‑ rigkeiten, sich in der dynamischen Begriffswelt des

Die E-Government-Nutzung in Deutschland kommt nicht voran. Während in Österreich (2015: 73 Prozent), der Schweiz (69 Prozent) und Schweden (75 Prozent) mit Ausnahme des Einbruchs im Jahr 2013 eine ste‑ tige Zunahme der E-Government-Nutzer zu verzeich‑ nen ist, schwanken die Ergebnisse zur E-GovernmentNutzung in Deutschland auf deutlich niedrigerem Niveau um die 40-Prozent-Marke. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich sogar wieder ein leichter Rückgang um sechs Prozentpunkte auf 39 Prozent.