Krieg zwischen Ingroup vs. Outgroup bei der Pandemiebekämpfung in Deutschland

Das Braincandy Nr. 73 von Der ‚heilige‘ Krieg zwischen Ingroup vs. Outgroup verhindert den dringend notwendigen wissenschaftlichen Diskurs in der Pandemiebekämpfung.

Anbieter: K&A BrandResearch
Veröffentlicht: Jan 2022
Autor: Ralph Ohnemus, Dr. Uwe Lebok
Preis: kostenlos
Studientyp: Blog & Paper
Branchen: Gesundheit • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft
Tags: Corona Krise • Covid-19-Pandemie

Das ist hoffentlich mein letztes BrainCandy zur Corona Pandemie. Ich habe mich über ein Jahr aus der Diskussion herausgehalten, schließlich gibt es zu viele Stimmen zu Corona. Aber da sich im gesellschaftlichen Verhalten international so faszinierende Muster zeigen, werde ich noch einmal schwach. Und uns ermutigen, Group-think zu erkennen und bewusst zu verlassen.

Zu Beginn der Pandemie sagte unser damaliger Gesundheitsminister, Jens Spahn, „wir werden einander viel verzeihen müssen“. Habt Ihr tatsächlich Entschuldigungen gehört? Oder doch nur ein penetrantes Selbstlob der Regierenden?

Wenn man aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht auf die Diskussion in Deutschland schaut, dann sehe ich eine Art extremen Tribalismus. Es gibt augenscheinlich nur noch zwei ‚Volksgruppen‘, die einander spinnefeind sind. Die Impfgegner und die Impfbefürworter. Das ist aber für mich nicht der Aha-Moment, da sich hierin nicht die Erkenntnis zeigt. Für mich liegt der ganzen Sache eher das Prinzip von Ingroup und Outgroup zu Grunde – und zwar in einer so radikalen Form, wie sie mir in der Wucht noch nicht begegnet ist. Es scheint kein dazwischen mehr zu geben. Einerseits haben wir die riesige Gruppe der, nennen wir sie der Einfachheit halber, Covidisten. Also der Gruppe, die alle Kraft darauf verwendet, das Virus zu bekämpfen. Hier wird eine Grundüberzeugung geteilt. Dass man das Virus mit den richtigen Maßnahmen beherrschen kann und muss. Hier sammeln sich folgerichtig auch alle Latentpaniker.

Und dann gibt es eine andere Gruppe, die dem Virus keine Herrschaft über ihr Leben zugestehen wollen. Die den Thesen der Covidisten mit der Gegenthese begegnen, dass die Maßnahmen wissenschaftlich fragwürdig seien und die Kollateralschäden unverhältnismäßig. Wir hätten es mit einer Art Grippe zu tun. Dass es in Wahrheit um Profite geht, von Big Pharma bis zu alternativer Gesellschaftsordnung. Dieser kleinere Volksstamm wird von den Covidisten abschätzig die Covidioten genannt.

Warum spielt seit Beginn der Pandemie die Syntheseposition keine Rolle? Es gibt aktuell keine reichweitenstarke dritte Kraft. Die interessierte Masse versammelt sich in einem der beiden Stämme, hält die eigene Haltung für alternativlos. Den Mitläufern im Stamm gibt es das Gefühl, dass man sein Leben im Griff hat, dass man Selbstwirksam ist, auch wenn man unter den Gegebenheiten etwas leiden muss. Diese Entbehrung gepaart mit der Sicherheit die Pandemie zu verstehen, ist psychologisch sehr wertvoll und man zieht aus seinem gruppennützigen Verhalten Selbstbestätigung. Sowohl wenn man den unablässigen Warnungen von Lauterbach damit einfach Glauben schenkt, als auch, wenn man Puls bekommt, sobald man irgendwo lesen muss: „Lauterbach warnt…“