IT- und Internet Startup Report Deutschland 2019

An jedem zweiten Arbeitstag pitchen, gemeinsam mit bereits etablierten Unternehmen neue Produkte entwickeln und dafür von Freunden und Bekannten Anerkennung erhalten. So oder so ähnlich kann der Alltag eines Gründers aussehen. Wie es in Startups zugeht, wen Gründer zum Vorbild haben, welche Erfahrungen sie gemacht haben und was sie von der Politik erwarten, zeigt der Startup-Report 2019, für den über 300 Startup-Gründer befragt wurden.

Anbieter: bitkom
Veröffentlicht: Jan 2020
Preis: kostenlos
Studientyp: Marktforschung
Branchen: Online & IKT & Elektronik • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft
Tags: Gründer • IT • Internet • Startups

An jedem zweiten Arbeitstag ein Pitch

Ob vor der Jury für den Gründerpreis, potenziellen Kunden oder Geschäftspartnern oder vor interessierten Investoren – zum Startup-Leben gehört es dazu, seine Geschäftsidee zu präsentieren. Und zwar überzeugend – und sehr, sehr oft. Im Schnitt haben Startups in Deutschland im vergangenen Jahr 121-mal gepitcht. Das bedeutet: an jedem zweiten Arbeitstag gab es einen Pitch. Dabei gilt: Je größer das Startup, desto häufiger wird gepitcht. So kommen Startups mit 1 bis 3 Mitarbeitern durchschnittlich auf 44 Pitches im Jahr 2018, bei 4 bis 9 Mitarbeitern sind es 75 Pitches, bei 10 bis 19 Mitarbeitern 103 Pitches und größere Startups mit 20 oder mehr Mitarbeitern pitchen 260-mal im Jahr und damit im Schnitt einmal pro Arbeitstag.

An jedem zweiten Arbeitstag ein Pitch

Am häufigsten pitchen Startups vor potenziellen Kunden (77-mal pro Jahr). Mit deutlichem Abstand folgen Investoren-Pitches (21-mal) und Pitches vor potenziellen Geschäftspartner (17-mal). Im Schnitt 2-mal pro Jahr wird vor Wettbewerbs-Jurys gepitcht, 4-mal jährlich finden sonstige Pitches statt. Große Unterschiede zwischen kleinen und großen Startups gibt es vor allem mit Blick auf die Pitches vor potenziellen Kunden und Geschäftspartnern sowie Investoren. Während kleine Startups mit 1 bis 3 Mitarbeitern nur auf 29 Pitches vor Kunden kommen, sind es bei großen Startups mit 20 oder mehr Mitarbeitern 206 Pitches. Kleinere Startups pitchen durchschnittlich 7-mal pro Jahr vor Geschäftspartnern und sogar nur 3-mal vor Investoren, große Startups präsentieren sich dagegen 29-mal im Jahr vor möglichen Geschäftspartnern und 17-mal vor Investoren.

Im Schnitt haben Startups fünf offene Stellen

Viele Startups sind aktuell auf der Suche nach Mitarbeitern – und haben keine qualifizierten Bewerber gefunden. Aktuell sind 3 von 5 Startups (57 Prozent) auf der Suche nach neuen Mitarbeitern, im Schnitt haben Startups derzeit 5 offene Stellen. Mehr als die Hälfte aller Startups (56 Prozent) hat in der Vergangenheit bereits die Erfahrung gemacht, dass Stellen nicht besetzt werden konnten, weil keine geeigneten Kandidaten zu finden waren.

Schon heute sind Startups bedeutende Arbeitgeber. Im Schnitt beschäftigen sie 15 Mitarbeiter. Jedes fünfte Startup (20 Prozent) zählt sogar 20 oder mehr Mitarbeiter. Und auch im laufenden Jahr werden voraussichtlich neue Arbeitsplätze in Startups entstehen. Drei Viertel (76 Prozent) wollen im Jahresverlauf Mitarbeiter einstellen, 15 Prozent rechnen mit gleichbleibender Beschäftigtenzahl und gerade einmal 1 Prozent der Startups befürchten, ihr Team verkleinern zu müssen.

Jeder fünfte Mitarbeiter kommt aus dem Ausland

Ohne Mitarbeiter aus dem Ausland würde in vielen deutschen Startups das Licht ausgehen. Im Durchschnitt hat jeder fünfte Mitarbeiter (20 Prozent) keine deutsche Staatsbürgerschaft. In großen Startups mit 20 oder mehr Mitarbeitern liegt der Anteil mit 34 Prozent sogar noch deutlich darüber. Noch höher ist der Anteil der ausländischen Mitarbeiter, wenn man nur auf die Entwickler in den Startups schaut: Hier hat jeder Vierte (24 Prozent) keinen deutschen Pass, bei den großen Startups mit 20 und mehr Mitarbeitern beträgt der Anteil sogar 44 Prozent.

Die Internationalität der Mitarbeiter spiegelt sich auch darin wider, in welcher Sprache man sich im Startup verständigt. So geben 3 von 10 Startups (29 Prozent) an, Englisch sei ihre Geschäftssprache, in 70 Prozent wird deutsch gesprochen. Anders sieht das Bild aus, wenn man Startups mit 20 und mehr Mitarbeitern betrachtet: Hier setzen 53 Prozent auf Englisch, Deutsch ist mit 44 Prozent in der Minderheit.

Mitarbeiter sind nur selten am Startup beteiligt

Für viele klingt das wie ein Traum: Früh nach der Gründung zu einem Startup zu stoßen und am Unternehmen beteiligt werden – das natürlich nach wenigen Jahren hoch bewertet ist und damit die Anteilseigner zu reichen Leuten macht. Zumindest der erste Teil ist in rund jedem vierten deutschen Startup (27 Prozent) Realität, weil dort Mitarbeiter außerhalb des Gründungsteams über Anteile verfügen. In rund jedem zweiten Startup (46 Prozent) halten nur die Gründer Anteile, mit 27 Prozent wollten zudem sehr viele Befragte keine Angaben zu dem Thema machen. Werden Anteile an Mitarbeiter abgegeben, so werden in den allermeisten Fällen (72 Prozent) nur ein bis maximal vier Mitarbeiter beteiligt. In 22 Prozent der Startups, die ihre Mitarbeiter beteiligen, haben 5 bis 19 Mitarbeiter Anteile, bei 6 Prozent sind es sogar mehr als 20 Mitarbeiter.

Startups, die ihre Mitarbeiter beteiligen, nennen dafür vor allem zwei Gründe: Eine langfristige Mitarbeiterbindung (80 Prozent) sowie eine zusätzliche Motivation der Mitarbeiter, den Erfolg des Startups voranzutreiben (79 Prozent).

Die Startups, die auf eine Mitarbeiterbeteiligung verzichten, nennen dafür sehr unterschiedliche Gründe. So sagt jedes vierte dieser Startups (24 Prozent), dass die Mitarbeiter klassische Gehaltszahlungen bevorzugen. Jeweils 17 Prozent haben sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt oder halten den bürokratischen Aufwand von Mitarbeiterbeteiligungen für zu hoch.

 

Schwierige Finanzierung: Jedes vierte Startup denkt über Umzug ins Ausland nach

Angesichts der seit Jahren schwierigen Finanzierung von Startups denken viele deutsche Gründer über einen Umzug ins Ausland nach. Aktuell überlegt jeder Vierte (27 Prozent), mit dem eigenen Startup ins Ausland zu gehen, weil es in Deutschland zu wenig Kapital gibt. Im Schnitt benötigen deutsche Startups für die kommenden zwei Jahre 3,2 Millionen Euro, das ist etwas mehr als noch vor einem Jahr (3,1 Millionen Euro) und deutlich mehr als noch 2017 mit 2,5 Millionen Euro. Gleichzeitig gibt nicht einmal jedes fünfte Startup (18 Prozent) an, dass dieser Kapitalbedarf bereits gedeckt ist. Vor einem Jahr hatten noch 26 Prozent der Startups genug Kapital für die kommenden beiden Jahre.

Die große Mehrheit der Startups ist aber zuversichtlich, dass sie die Finanzierung am Ende stemmen werden. So geben 39 Prozent an, dass sie das notwendige Geld sehr wahrscheinlich einsammeln werden (2018: 40 Prozent), weitere 42 Prozent halten das für eher wahrscheinlich (2018: 39 Prozent).

Startups loben Kooperationen mit Mittelstand und Konzernen

Die große Mehrheit der deutschen Startups arbeitet mit etablierten Unternehmen zusammen – und bewertet die Kooperation unter dem Strich als positiv. 4 von 5 Startups (79 Prozent) kooperieren auf die eine oder andere Art mit Mittelständlern oder Konzernen. So geben 3 von 5 Startups (60 Prozent) an, dass sie gemeinsam mit etablierten Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln, rund jedes zweite (46 Prozent) kooperiert auf andere Art und Weise, etwa bei Gründerwettbewerben. Und 17 Prozent sagen, dass Unternehmen finanziell an dem Startup beteiligt sind. 16 Prozent der Startups arbeiten allerdings gar nicht mit etablierten Unternehmen zusammen.

Startups, die mit etablierten Unternehmen kooperieren, sind damit überwiegend zufrieden. So sagen 4 von 5 (81 Prozent), dass die Erfahrungen der Zusammenarbeit insgesamt positiv sind. Darüber hinaus geben 3 von 5 (60 Prozent) an, dass neue Kunden gewonnen oder Märkte erschlossen werden konnten. Rund jedes Zweite (52 Prozent) hat das eigene Produkt verbessert. Jeweils 2 von 5 Startups betonen, dass die Partner sich aufgrund unterschiedlicher Stärken und Schwächen sehr gut ergänzt haben (43 Prozent) und dass das Startup seine fachliche und technologische Expertise verbessern konnte (37 Prozent). Allerdings wird auch deutliche Kritik geäußert. So beklagt jedes zweite Startup, das mit Etablierten kooperiert (53 Prozent), dass die Prozesse bei den Partnern viel zu langsam und aufwändig waren. 3 von 10 Startups (29 Prozent) sind der Meinung, dass die etablierten Unternehmen von der Kooperation mehr profitiert hätten als sie selbst. Und fast jedes vierte Startup (23 Prozent) hat die etablierten Unternehmen als arrogant gegenüber Startups empfunden.

Startups stehen damit einer Zusammenarbeit deutlich aufgeschlossener gegenüber als umgekehrt die etablierten Unternehmen. So haben in einer Bitkom-Befragung im Frühjahr zwei Drittel (67 Prozent) der Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern angegeben, nicht mit Startups zu kooperieren. Jedes Zweite von ihnen (53 Prozent) nannte als Grund fehlende Zeit, ähnlich viele hatten dafür kein geeignetes Projekt (56 Prozent) oder sahen in einer Kooperation keinen Mehrwert (59 Prozent). Kein Budget für eine solche Kooperation nannte jedes Vierte (24 Prozent). Hauptgrund für fehlende Kooperationen war aus Sicht der etablierten Unternehmen schlicht der fehlende Kontakt zu Startups (73 Prozent).

Startups in Deutschland: Die Skepsis nimmt zu

Die Startups in Deutschland werden skeptischer. Aktuell sagen nur noch 39 Prozent der Gründer, dass sich in den vergangenen zwei Jahren die Lage für ihr eigenes Startup verbessert hat. Vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 44 Prozent, vor zwei Jahren sogar bei 54 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Startups, die eine Verschlechterung der eigenen Situation wahrnehmen, verdoppelt, von jeweils 5 Prozent in den vergangenen beiden Jahren auf jetzt 11 Prozent.

Auch unabhängig von der eigenen Situation wird Deutschland als Standort für Startups allgemein kritischer gesehen. So sagt zwar noch jedes zweite Startup (50 Prozent), dass sich die Lage für Startups hierzulande im Allgemeinen verbessert habe, aber auch hier ist verglichen mit den Vorjahren ein Rückgang festzustellen (2018: 59 Prozent, 2017: 58 Prozent). Zugleich geben mit 11 Prozent auch deutlich mehr Startups als noch in den beiden Vorjahren (2018: 5 Prozent, 2017: 6 Prozent) an, dass sich die allgemeine Situation verschlechtert habe.

Vorbilder für deutsche Startup-Gründer

Elon Musk gilt unter deutschen Startup-Gründern als größtes Vorbild. Jeder vierte Gründer (24 Prozent), der angibt ein Vorbild zu haben, nennt den Tesla-Chef. Dahinter folgen mit Abstand Apple-Gründer Steve Jobs (13 Prozent) sowie Richard Branson (Virgin, 7 Prozent) und Jeff Bezos (Amazon, 6 Prozent). Gleichauf kommen dahinter SAP-Gründer Hasso Plattner und Microsoft-Gründer Bill Gates (je 3 Prozent). Allerdings geben insgesamt nur 3 von 10 Startup-Gründern (29 Prozent) an, sich von einem Vorbild inspirieren zu lassen.

Das ist auch dringend notwendig, denn zumindest in der Schule wurden die aktuellen Startup-Gründer nicht vorbereitet. 8 von 10 Gründern (84 Prozent) geben an, dass in ihrer Schulzeit überhaupt kein Wissen zum Thema Gründen vermittelt wurde. Jeder Zweite (52 Prozent) sagt, dass seine Lehrer dem Thema Gründung und Selbstständigkeit ablehnend gegenüber standen. Jeder Vierte (28 Prozent) gibt an, seine Eltern hätten nicht gewollt, dass er ein Startup gründet.

Der Startup Report 2019 kann kostenlos heruntergeladen werden: https://www.bitkom-research.de/Start-up-Report-2019

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Befragung, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 321 IT- und Internet-Startups in Deutschland befragt.

Die Daten zur Zusammenarbeit von Unternehmen mit Startups wurden im Rahmen einer repräsentativen Befragung von 606 Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten in Deutschland telefonisch erhoben.