Umfrage zum digitalen Reifegrad von Unternehmen

19. Jul 2016 • News • Dynata • Marktforschung • Online & IKT & Elektronik • Arbeitswelt • Marketing & Medien

Die Fokusgruppe Digital Commerce im BVDW führte über den Dienstleister Research Now eine Online-Umfrage zur Abfrage des digitalen Reifegrades von Unternehmen durch. Dazu wurden 100 Unternehmen aus den Branchen Handel, sowie Produktion & Herstellung zu acht Dimensioneni befragt. Ansprechpartner war die 1. Führungsebene ab 1 Millionen Euro Umsatz oder ab zehn Mitarbeitern.

Die Umfrage wurde unter Berücksichtigung folgender Methodik durchgeführt: Bestimmung des digitalen Reifegrads der Branche anhand der Berechnung eines Index (in Anlehnung an das von der Hochschule Reutlingen und der Unternehmensberatung neuland entwickelte Verfahren). Unter Berücksichtigung von acht Dimensionen (Kultur, Strategie, Gevernance, Mitarbeiter, Channels, Data, Operations, Produkt und Technologie) wird je ein Index-Wert errechnet und einem Reifegrad zugeordnet. Der Gesamtindexwert ergibt sich aus der Mittelung aller Dimensionen, maximaler Wert: 100.

These 1:  Mehr als die Hälfte der Unternehmen befindet sich in den unteren drei Reifegraden und sind somit nicht „reif“ für die Digitalisierung. 

Demnach befinden sich 1 von 10 Unternehmen in der sog. „Ruhe-Phase“, dem untersten Reifegrad. Hier ist also ein äußerst geringer Digitalisierungsgrad vorzufinden, somit also auch keine angepasste Strategie oder gar digitale Kompetenzen auf Seiten der Mitarbeiter. Im Reifegrad 2, der „Starter-Phase“, finden sich 15 Prozent der Unternehmen wieder. Dabei sind bereits erste digitale Projekte erkennbar, jedoch werden diese nur von Teilbereichen des Unternehmens bzw. einzelnen Personen umgesetzt. Mehr als jedes vierte Unternehmen lässt sich in der „Pilot-Phase“ verorten, in der anhand erster Erfahrungen mit digitalen Projekten bereits diesbezüglich Strategien umgesetzt werden. Impulse gehen hierbei von der Führungsebene aus, so dass crossfunktionale Teams entstehen, die ein Grundbewusstsein für die digitale Transformation entwickeln.

These 2: Vor allem die kleinen Unternehmen liegen bei der Digitalisierung weit zurück, sodass ihre Überlebenschancen in der Zukunft gering sein werden.  

Dies wird sehr deutlich in den Dimensionen Product, Operation, Technology und Data. Bei der Frage zur Dimension Product, also ob durch die Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen neue Wertschöpfungsquellen erschlossen werden, fallen Unternehmen mit einem Umsatz unter 50 Millionen zwar noch in Reifegrad 3 (Index-Wert: 56), allerdings mit deutlicher Tendenz zum niedrigeren Reifegrad. Bei den Unternehmen mit einem Umsatz über 50 Mio. € wiederum ist mit einem Index-Wert von 71 ein Trend in Richtung Digitalisierung erkennbar.  

Innerhalb der Dimension Operations zeigt sich, dass Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern in der Umsetzung der Digitalstrategie weit zurückliegen. So belegt ein Index-Wert von 52, dass für die Umsetzung der Digitalstrategie offensichtlich nicht ausreichend Ressourcen (Zeit, Personal, Budget) zur Verfügung stehen. Bei den Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern verhält es sich mit einem Index-Wert von 69 wesentlich besser.  

Ein großer Abstand zeigt sich auch in der Dimension Technology. Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern befinden sich in Reifegrad zwei bezüglich der Nutzung von Tools und Werkzeugen für die Analyse digitaler Inhalte – diese Unternehmen stehen also noch am Anfang dieses Prozesses. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sind in diesem Bereich schon um einiges weiter, denn sie befinden sich bereits in Reifegrad vier (Index-Wert: 75).  

Den Nutzer in den Fokus stellen, seine Bedürfnisse und die tatsächliche Nachfrage mit Hilfe regelmäßiger Datenerhebung und Auswertung in Echtzeit zu ermitteln und die gewonnenen Erkenntnisse entsprechend einzusetzen, gehört für digitalisierte Unternehmen bereits zur Tagesordnung. In der aktuellen Umfrage scheint dies für Unternehmen mit einem Umsatz unter 50 Millionen Euro allerdings noch nicht im Alltag angekommen zu sein, denn deren Produkt- und Unternehmensentwicklung basiert kaum auf Basis von Datenanalysen (IndexWert: 54). Bei den Unternehmen mit einem Umsatz über 50 Millionen Euro hingegen ist ein deutlicher Trend zur Datensammlung erkennbar (Index-Wert:70). 

These 3: Die Selbstwahrnehmung und -einschätzung innerhalb der Führungsebenen bei den Soft-Kriterien – wie z.B. Culture – ist teilweise alarmierend realitätsfern, insbesondere im Verhältnis zu den im direkten Vergleich weitaus schlechteren Ergebnissen in den „harten“ Bereichen wie etwa Technology. 

Fazit

Die Selbstwahrnehmung der deutschen Handelsunternehmen ist stellenweise ungerechtfertigt optimistisch und beschönigt die tatsächliche Lage. Der Großteil des deutschen Handels hat sich noch nicht ausreichend digitalisiert, so dass eine Konsolidierung des Marktes zu erwarten ist. Vor allem kleinere Händler werden aus dem Wettbewerb ausscheiden, wenn sie nicht genau jetzt die Wichtigkeit der Digitalisierung erkennen, entsprechend handeln und umdenken.  

Verfügbarkeit von sauberen Produktdaten und managen derer in Echtzeit, an einer Vielzahl von Touchpoints für den Kunden verfügbar sein und auch die Interaktion mittels sozialer Medien muss heute selbstverständlich sein. Laut dieser Umfrage befinden sich heute jedoch nur 16 Prozent der Unternehmen aus der Branche Handel, sowie Produktion und Herstellung im höchsten Reifegrad der Digitalisierung. Die Kultur dieser digitalisierten Unternehmen hat sich hier nachhaltig verändert und der Erfolg des Umdenkens und Handelns, im Sinne der Digitalisierung, wird deutlich messbar.  

Die Fokusgruppe Digital Commerce führte diese Umfrage vorrangig durch, um auf Basis der Ergebnisse konkrete Projekte abzuleiten, die Aufklärung voranzutreiben, zur Sensibilisierung beizutragen und Unternehmen aus Handel, sowie Produktion und Herstellung Hilfestellung auf dem Weg der digitalen Transformation zu geben.  

Hierzu bedarf es neben einem Aufwachen der Händler aber auch den Einsatz von Städten, aller Verbände und der Politik.