Populismus in Europa und den USA

17. Mai 2017 • News • Ipsos • Marktforschung • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft

Politische Ereignisse wie der Brexit oder die Wahl Donald Trumps im Jahr 2016 haben das Thema Populismus stark auf die mediale Agenda gebracht. Der Aufschwung extremer Parteien oder politischer Bewegungen in nahezu allen europäischen Ländern trägt zu dem Eindruck bei, die Menschen würden sich nach politischen Veränderungen sehnen.


Die Kandidatur Marine Le Pens für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich, die AfD in Deutschland oder das Gebaren von Recep Erdoğan in der Türkei und Viktor Orbán in Ungarn, die sich offen von gemeinsamen europäischen Werten distanzieren, sind Ausdruck einer spürbaren Veränderung der politischen Landschaft.

Verschiedene Untersuchungen, die sich dem Phänomen Populismus und insbesondere dessen Ursachen widmen, zeigen dabei immer wieder die Bedeutung von Zukunftsängsten, einer allgemeinen Verunsicherung und der Unzufriedenheit mit dem politischen Establishment für das Erstarken populistischer Bewegungen. Während bestehende Parteien und Politiker unter Glaubwürdigkeitsproblemen leiden, punkten Populisten mit Vereinfachungen und Polarisierungen. Darüber hinaus ist der Erfolg dieser Bewegungen stets an eine bestimmte starke Persönlichkeit geknüpft.

Diese verschiedenen Einflussfaktoren wurden in einer international vergleichenden Studie genauer untersucht, die Ipsos im Oktober und November 2016 durchführte. Diese beschäftigte sich ausführlicher mit der subjektiven Perspektive der Befragten, ihrer Bewertung der Globalisierungseffekte, der Zufriedenheit mit dem bestehenden System sowie ihrem Wunsch nach politischer Veränderung. In der vorliegenden Arbeit werden die Einstellungen und Meinungen der Bevölkerung in den Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Ungarn, Türkei und den USA genauer betrachtet. Die Ergebnisse basieren auf einer bevölkerungsrepräsentativen Online-Befragung, für die Ipsos die jeweilige Landesbevölkerung ab 18 Jahren befragte.

Die wichtigsten Ergebnisse

Zukunftsängste, wirtschaftliche Sorgen und Unzufriedenheit mit dem politischen System

  • Die Mehrheit der Befragten in unserer Studie glaubt, dass sich ihr Land aktuell negativ entwickelt. Dieser Pessimismus zeigt sich insbesondere in Italien, Ungarn und Frankreich.

Die Befragten in unserer Studie blicken mit Besorgnis auf die Entwicklung ihres Landes: 57 Prozent von ihnen glauben, dass sich ihr Land aktuell negativ entwickelt. Dabei variiert die Wahrnehmung in den einzelnen Ländern, bleibt aber mehrheitlich negativ. Den pessimistischsten Blickwinkel haben Italiener (73 Prozent) und Ungarn (70 Prozent). Aber auch in Frankreich ist die Zahl derer, die die aktuelle Entwicklung als negativ bewerten, mit 67 Prozent vergleichsweise hoch. Lediglich die Türkei (55 Prozent) und Deutschland (47 Prozent) liegen in der aktuellen Länderauswahl unter dem internationalen Durchschnittswert

  • Doch mit Blick auf die Zukunft erweisen sich die Befragten in Italien, Ungarn und Frankreich als Optimisten und glauben mehrheitlich an die Möglichkeit einer Verbesserung. In Deutschland interpretieren deutlich mehr Befragte den Abwärtstrend als unveränderbar.
  • Die Folgen der Globalisierung werden unterschiedlich bewertet: In Frankreich und Italien stößt die wirtschaftliche Öffnung vor allem auf Skepsis, während Befragte in Großbritannien und Ungarn darin eine wichtige Chance für ihr Land sehen.
  • Einigkeit herrscht in der Wahrnehmung, die eigene Generation hätte ein schlechteres Leben als ihre Eltern. Besonders negativ beurteilen die Ungarn, Franzosen und Italiener ihre Perspektive.
  • Auch das bestehende politische System schneidet in diesen Ländern schlecht ab, da die Mehrheit der Befragten dort glaubt, dass sich traditionelle Parteien und Politiker nicht um Menschen wie sie kümmern.
  • In Frankreich zeigt sich ein ausgeprägter Wunsch nach einem starken Anführer, der bereit ist, die Regeln zu brechen, sowie einem Anführer, der das Land von den Reichen und Mächten zurückgewinnt.
  • Insgesamt bestätigen unsere Befunde die Theorie der Globalisierungsverlierer, da sich insbesondere
  • Menschen mit niedriger Bildung und niedrigem Haushaltseinkommen gegenüber
  • einer Liberalisierung der Märkte skeptisch und mit dem bestehenden System unzufrieden
  • zeigen

Link zur Studie Populismus in Europa und den USA