Hälfte der Frauen in Österreich fühlt sich im Job nicht gleichberechtigt

10. Mär 2022 • News • karriere.at • Marktforschung • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft • Arbeitswelt

Eine aktuelle karriere.at Online-Umfrage zeigt: Fast die Hälfte der österreichischen Frauen fühlt sich hinsichtlich Gleichberechtigung keineswegs oder eher nicht fair behandelt. Diskriminierung ist vor allem bei Gehalt und Führungspositionen weiterhin ein Problem.


Sie standen während der Pandemie in der ersten Reihe der Krisenbekämpfung. An der Gleichberechtigung der Frauen im Job hat sich jedoch kaum etwas verbessert: 44 Prozent der österreichischen Frauen fühlen sich in der Arbeitswelt keineswegs oder eher nicht gleichberechtigt. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Online-Umfrage von Österreichs größtem Jobportal karriere.at anlässlich des Weltfrauentags. Diskriminierung verorten die Befragten insbesondere bei Gehältern und beim Übernehmen von Führungspositionen in Unternehmen.

Während der Corona-Krise nahmen Frauen in systemrelevanten Berufen die Schlüsselrolle in der Bekämpfung der Pandemie ein. Doch in Führungspositionen sind sie immer noch systematisch unterrepräsentiert. Dies geht aus einer aktuellen Online-Befragung von karriere.at unter 700 Arbeitnehmer*innen hervor, von denen sich 70 Prozent als weiblich identifizieren. Demnach spüren 44 Prozent der befragten Frauen keine ausreichende Gleichberechtigung in der Arbeitswelt. Gleichzeitig denken 47 Prozent aller Befragten, Frauen seien „keineswegs“ bzw. „eher nicht“ gleichberechtigt auf dem österreichischen Arbeitsmarkt.

Wenn es um die Bereiche des Arbeitslebens geht, in denen Frauen besonders diskriminiert werden, sind das nach Meinung der Befragten in erster Linie Gehälter (41 Prozent) sowie das Übernehmen von Führungspositionen (18 Prozent). Beinahe zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) geben an, dass in ihrem Unternehmen Männer in Führungspositionen dominieren. 17 Prozent denken, Frauen seien beim Leisten von Care-Arbeit wie Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen im größten Nachteil, während 11 Prozent der Befragten eine Benachteiligung vor allem bei Aufstiegsmöglichkeiten im Job sehen. „Unternehmen sollten in puncto Gleichberechtigung nicht auf den Gesetzgeber warten, sondern müssen sich vor allem selbstverpflichten, um den Anteil der Frauen in höheren Funktionen anzuheben. Frauen sollten nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Sektor bei gleicher Funktion bevorzugt aufgenommen werden“, meint Georg Konjovic, CEO von karriere.at. In der karriere.at-Umfrage herrscht eine hohe Akzeptanz für mehr Gleichberechtigung in Führungspositionen: So denken 72 Prozent der befragten Arbeitnehmer*innen, mehr Frauen sollten leitende Funktionen in Unternehmen übernehmen. 13 Prozent sind dagegen.
Eine weitere Herausforderung sieht karriere.at CEO Georg Konjovic im Bereich der Teilzeitbeschäftigung: „Eine große Baustelle in Bezug auf die Gleichbehandlung sind immer noch Teilzeitjobs: Laut unserem aktuellen karriere.at Arbeitsmarktreport sind diese seit 2020 um 85 Prozent gestiegen, dabei waren 2020 sogar vier Mal mehr Frauen in Teilzeitbeschäftigungen als Männer. Leider sind genau diese Jobs häufig mit niedrigerem Einkommen und schlechteren Aufstiegschancen verbunden“, so Konjovic.

Die meisten Unternehmen ohne Quote

Die Umfrage umfasste auch eine kleinere Anzahl an Unternehmensvertreter*innen. Gut drei Viertel der befragten 37 Unternehmen (77 Prozent) gaben an, dass es in ihrem Unternehmen keine dezidierte Frauen-Quote gibt bzw. dass Männer immer noch in der Führungsstruktur dominieren. „Es muss weniger eine Quote alleine, sondern eher ein Paket an Maßnahmen geben, die den Aufstieg für Frauen erleichtern. In erster Linie sind das bessere Kinderbetreuungsangebote und flexible Arbeitszeitmodelle. Erfahrungen zeigen: Eine Führungskraft kann auch in Teilzeit sehr gut funktionieren. Diese Kultur muss nun auch in heimischen Unternehmen verstärkt gelebt werden“, sagt Georg Konjovic.

Frauen stellen fast die Hälfte der österreichischen Erwerbstätigen (47 Prozent), haben es am Arbeitsmarkt aber teilweise deutlich schwerer als ihre männlichen Kollegen. Während es in Aufsichtsräten und Führungspositionen vor Männern nur so wimmelt, muss man die Frauen oft mit der Lupe suchen. 2021 waren nur magere 9 Prozent der Geschäftsführer*innen weiblich, in den Aufsichtsräten sind zumindest fast 24 Prozent der Posten mit Frauen besetzt.

Auch hinsichtlich atypischer Arbeitsverhältnisse zeigt sich ein sehr deutliches Bild: 2020 arbeiteten 47 Prozent der Österreicherinnen in Teilzeit. Bei den Männern waren es hingegen nur 11 Prozent. Das ist dem Umstand geschuldet, dass Frauen den größten Anteil an Care Arbeit übernehmen. Sie kümmern sich nicht nur um die Kinder, sondern pflegen auch Angehörige und erledigen den Haushalt. Mit einer Vollzeitanstellung ist das oft unvereinbar.

Umfrage: Frauen fühlen sich nicht gleichberechtigt

Die Österreicherinnen sind am Arbeitsmarkt gleichberechtigt? Von wegen. Diesen Eindruck haben auch die Teilnehmerinnen unserer letzten Online-Umfrage. Demnach sehen sich 44 Prozent der befragten Frauen am Arbeitsmarkt nicht ausreichend gleichberechtigt. Unter allen Teilnehmer*innen sind 47 Prozent der Meinung, dass die Österreicherinnen „keineswegs“ oder „eher nicht“ auf der gleichen Stufe wie die Österreicher stehen.

Gleichbehandlung beim Gehalt nicht gegeben

Benachteiligungen erfahren österreichische Arbeitnehmer*innen vor allem, was das Gehalt anbelangt (41 Prozent). Trotz vielen Beteuerungen, dass Gleichbehandlung zwischen Mann und Frau etwas Wichtiges sei, verdienen Frauen weiterhin weniger als ihre männlichen Kollegen. Der bereinigte Gender Pay Gap (hier werden nur gleiche Positionen und gleiches Beschäftigungsausmaß analysiert) beträgt 12,7 Prozent – berücksichtigt man jedoch Teilzeitbeschäftigte sowie Menschen, die nicht das ganze Jahr arbeiten, wäre man hingegen bei satten 36 Prozent.

Beim Übernehmen von Führungspositionen sehen sich 18 Prozent der Arbeitnehmer*innen im Nachteil. Auch den beruflichen Aufstieg (11 Prozent) und die Chancen beim Jobwechsel (8 Prozent) werden für Frauen als schwieriger eingestuft. Private Themen fallen ebenso ins Gewicht: So denken 17 Prozent, dass österreichische Arbeitnehmerinnen unter anderem durch die Betreuung von Kindern sowie die Pflege von Angehörigen stärker belastet werden.